Gegen die Kündigung – für den Erhalt des DIZ Emslandlager
Mit Bestürzung haben wir erfahren, dass dem DIZ durch die politischen Instanzen des Landkreises Emsland in Person des Landrats und Vorsitzenden der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen Marc-André Burgdorf (CDU) das Büro in der Gedenkstätte kurzfristig gekündigt worden ist.
Dieses Vorgehen sehen wir besonders irritiert an, nachdem wir erst vor kurzem bei einem Besuch der Gedenkstätte Esterwegen direkt die Arbeit des DIZ kennen und schätzen gelernt haben. Wir wurden bei unserer Tagesexkursion von dem Guide Frau Mithöfer, die langjährig im Verein des Aktionskomitees für ein DIZ Emslandlager e. V. aktiv ist, empfangen. Es schloss sich ein ausführlicher und engagierter Vortrag über das System der Emslandlager und die Präsentation Auf den Spuren der Moorsoldaten an. Detailliert wurden die im Emsland verteilten Strafgefangenen- und Kriegsgefangenenlager, ihre geplante Einrichtung und Verwaltung, die wechselvolle Belegungsgeschichte, Biografien, Lageralltag und Formen der Selbstbehauptung, die zeitgenössischen Reaktionen aus der Bevölkerung und des Auslandes wie auch die wirtschaftliche Bedeutung der Zwangsarbeit vorgestellt. Weiterhin wurden die Nachkriegsgeschichte, die Umwidmung mit verschiedenen Funktionen des ehemaligen Lagers und das ‚Verschwinden‘ der Lagerfriedhöfe thematisiert.
Es schloss sich eine rege Diskussion mit Nachfragen auch über die Entstehung und Arbeit der Initiative des DIZ, die Möglichkeiten der Archivarbeit vor Ort und ein Erfahrungsaustausch an. Nach einer kurzen Pause wurden wir bei einem Rundgang über das Außengelände geführt. Hier standen die Architektur und Details des Lageraufbaus im Fokus. Abschließend konnten wir die verschiedenen Abteilungen der Dauerausstellung der Gedenkstätte und den Büchertisch erkunden.
Der Besuch hat uns eindringlich die Dimension des regionalen Terrors vor der Haustür unter örtlicher Osnabrücker Beteiligung von Behörden und NS-Tätern vor Augen geführt. Zu Bemängeln ist ausdrücklich die schlechte Anbindung der Gedenkstätte an den öffentlichen Nahverkehr. Hierdurch ist die Erreichbarkeit wesentlich eingeschränkt und mit hohen Kosten verbunden, was für einen Besuch abschreckend wirkt.
Aus unseren Erfahrungen in der Gedenkstätte bleibt es mehr als unverständlich, dass nun diese wertvolle Bildungs- und Vermittlungsarbeit durch die Entziehung ihrer Arbeitsmittel behindert wird. Die Arbeit des DIZ dient dem Begreifen der frühen Konzentrationslager als eines der zentralen Terrorinstrumente des Nazi-Systems, ihrer Rolle als eliminatorische Kriegsgefangenenlager und innerhalb der NS-Kriegswirtschaft.
Besonders die nun erschwerte Nutzung des umfangreichen Archivs, in dem sich zahlreiche Zeugnisse der Häftlinge und eine umfangreiche Bibliothek befinden, die durch die reiche Erfahrung und Arbeit der DIZ-Mitarbeiter:innen nutzbar gemacht wurde, beschädigt ein mehr als 40jähriges demokratisch-antifaschistisches Engagement. Es führt zurück in die Anfänge des DIZ, das sich seit seinem Entstehen und seiner Gründung 1985 zuerst mit dem anti-kommunistischen Ressentiment, der konservativ politisch-bürokratischen wie auch der wissenschaftlichen Ignoranz und schließlich der offensiven staatlich-institutionellen Gedenkvereinnahmung durch eine gelenkte Musealisierung erwehren musste und wieder muss. Dies ist umso desaströser, da Rassismus und Antisemitismus von Parteien verbreitet und von der Bevölkerung begierig aufgegriffen werden, um sich auch gewalttätig zu äußern. In dieser Konstellation scheinen der Landkreis Emsland und seine Entscheidungsträger:innen ihre Chance zu sehen, sich die Früchte einer Arbeit einzuverleiben, deren Produzent:innen sie nun los werden wollen.
Wir fordern die Bereitstellung aller notwendigen Mittel für die Förderung und Unabhängigkeit der Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit des DIZ.
Besucht die Gedenkstätte Esterwegen! Unterstützt das DIZ! Teilt seinen Unterstützungsaufruf!