Keine Ruhe den Nazi-Tätern

Bild - Keine Ruhe

Tatort: Norditalien, 1944
Wohnort: Osnabrück-Haste, 2011

Der ehemalige Leutnant Ferdinand Osterhaus (94) aus Osnabrück, ist am 6. Juli 2011, zusammen mit sechs weiteren ehemaligen Wehrmachtsangehörigen, in Italien in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Militärgericht in Verona sieht es als erwiesen an, dass die Verurteilten an Massakern von Einheiten der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann-Göring“ in der Emilia-Romagna und der Toskana beteiligt gewesen sind. Es befand sie des gemeinschaftlich begangenen, mehrfachen und schweren Mordes für schuldig.

Die Prozessurteile bringen nicht nur Licht in die Verbrechen der Wehrmacht in Südeuropa, ihre Aufarbeitung verdeutlicht, dass die Täter nichts zu befürchten haben. Die Opfer erhalten von deutscher Seite nichts als warme Worte, ihre Forderungen nach Wiedergutmachung werden bekämpft, sie werden verhöhnt. Die Bundesrepublik Deutschland nimmt die Gerichtsurteile in Griechenland und Italien dagegen zum Anlass, ihre Straffreiheit und ‚Immunität‘ bei Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung, wie in Jugoslawien und in Afghanistan, zu bekräftigen und für zukünftige Kriege zum Wohle Deutschlands nutzen zu können.
Die Geschichtswerkstatt regionale Täterforschung widmet sich in Zusammenarbeit mit dem Referat für politische Bildung des AStA der Universität Osnabrück und der studentischen Initiative Infoladen in drei Diskussionsveranstaltungen dem Prozess in Verona, der Rolle der Wehrmacht in Italien und ihrem weithin positiven Nachkriegsbild sowie schließlich der deutschen weitgehenden Untätigkeit in der Strafverfolgung von NS- und Kriegsverbrechern und der aktuellen Interventionen des deutschen Staates gegen Entschädigungsforderungen.

Ferdinand Osterhaus ist für die Beteiligung an den Massakern, die am 18. März 1944 in Monchio, Susano und Costrignano (Provinz Modena) und am 5. Mai 1944 in Mommio (Gemeinde Fivizzano/Provinz Massa-Carrara) begangen wurden, verurteilt worden. Dort wurden mindestens 153 ZivilistInnen, Kinder, Frauen und Männer, grausam ermordet.
Für die Überlebenden und die Familienangehörigen der Opfer ist dieser Prozess, der erst mehr als 60 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen stattfinden kann, die längst fällige öffentliche Auseinandersetzung mit einer Geschichte, die von der Allgemeinheit verdrängt und vergessen worden ist, die ihr weiteres Leben aber wesentlich geprägt hat. Die Ereignisse dieser Tage, an denen unschuldige Menschen von deutschen Wehrmachtssoldaten vergewaltigt und ermordet wurden, ihre Häuser und Höfe nieder gebrannt, und das wenige, was sie besaßen, geplündert wurde, ist in der Erinnerung der Angehörigen und Überlebenden präsent geblieben. … (weiter auf Seite 2)

Veranstaltungstermine

FREITAG 02.12.2011

Marianne Wienemann (Prozessbeobachterin, Bochum/ Reggio Emilia) und Gabriele Heinecke (Rechtsanwältin, Hamburg):

Informationen zum Gerichtsprozess gegen neun ehemalige Wehrmachtssoldaten (u.a. Ferdinand Osterhaus aus Osnabrück), die im Juni 2011 in Verona für die Beteiligung an Massakern gegen die Zivilbevölkerung in Nord-Italien 1944 verurteilt worden sind.

DIENSTAG 13.12.2011

Eberhard Rondholz (Journalist, Berlin):

Vortrag über die bundesdeutsche Kontinuität der systematischen Abwehr von Entschädigungsforderungen seitens der Opfer deutscher Kriegsverbrechen (bzw. ihrer Angehörigen) sowie die BRD-Praxis der Nichtauslieferung von deutschen Nazi-Tätern.

jeweils:

Ort: Universität Osnabrück Schloß, Raum 213

Zeit: 19 Uhr

IN VORBEREITUNG:

Januar 2012

Vortrag über die Wehrmachtsverbrechen in Italien

Veranstaltungen in Hannover zu den Urteilen von Verona

Auch in Hannover finden Veranstaltungen zu den Urteilen gegen die ehemaligen Angehörigen der Wehrmachts-Division „Hermann Göring“ statt: Die ag blinde flecken und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen e.V. laden unter dem Titel Die Angeklagten sind nicht erschienen… für Fr., 25.11.2011, 20 Uhr zu einer Info-Veranstaltung mit der Prozessbeobachterin Marianne Wienemann ein. Am So., 27.11.2011, 18 Uhr wiederum wird die Dokumentation „Lo stato eccezione“ (dt. Ausnahmezustand) gezeigt, die den Verlauf des Prozesses zum Massaker in Marzabotto im Jahr 2007 festhält. Weitere Infos unter:

http://www.nds.rosalux.de/event/44746/die-angeklagten-sind-nicht-erschienen.html

Weiterführende Informationen zu den Kriegsverbrecherurteilen von Verona

Die Seite resistenza.de – Italien unter deutscher Besatzung bietet einen breiten Überblick zur deutschen Besatzung Italiens während der 2. Weltkrieges und den hier verübten Kriegsverbrechen. Zudem werden die in Verona geführten Prozesse gegen ehemalige Angehörige der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“ und die gefällten Urteile umfangreich dokumentiert.